Montag, 16. Oktober 2006

Geheimes Wissen



Seit Ende 2005 verrechnen alle Österreicher ihre Arztkosten mit der Krankenversicherung über die E-Card. Wie bei der Einführung dieses Systems immer wieder versichert wurde, sind auf dem Chip der Karte außer Geburtsdaten, Dienstgeber, Nummer des Versicherungsträgers sowie Sozialversicherungsnummer des Versicherten keinerlei Informationen gespeichert. Auf andere, beim Hauptverband gespeicherte Daten haben Anwender keinen Zugriff.

Als Herold unlängst im Wartezimmer seines Arztes saß, bekam er einen kleinen Einblick in den wahren Anwendungsbereich dieses unscheinbaren Tickets:

Sprechstundenhilfe - nach Einschub der E-Card in das Lesegerät - vorwurfsvoll zu dem vor ihr stehenden Patienten: „Sie waren doch erst letzte Woche beim Dr. M.“
(Anmerkung Herold: Dr. M. ordiniert im gleichen Fach wie der Chef der Sprechstundenhilfe.)

Wenig später - Herold dachte immer noch über das eben Gehörte nach und versäumte deshalb den Beginn des nun folgenden Dialoges - kam es jedoch wesentlich dicker:

Älterer, gut gekleideter Mann steht vor dem Schreibtisch.
Ordinationshilfe, irritiert: „Ich kann mit der Karte nicht rein.“
Patient, etwas aufgebracht: „Das Problem hatte ich auf der Bank auch schon, ich habe keine Pension bekommen.“
Ordinationshilfe, nach einigen Befehlskombinationen auf der Tastatur: „Sie sind da als verstorben gemeldet.“
Patient, hilflos: „Auf der Bank haben Sie dann in der PVA angerufen.“
Ordinationshilfe greift zum Telefon, wählt eine Nummer und eröffnet das Gespräch: „Wir haben hier ein großes Problem. Ein Versicherter von Euch scheint als im August verstorben auf. Er steht aber da vor mir.“

Leider wurde Herold zu diesem Zeitpunkt vom Arzt aufgerufen und konnte daher nicht mehr erfahren, ob es der Arzthelferin schließlich doch noch gelungen ist, den Patient zu reanimieren.

Trackback URL:
https://herold.twoday.net/stories/2808240/modTrackback

Perdi - 2006.10.16, 07:00

Totgesagte...

leben länger! Der Herr kann sich darüber freuen und....lächeln. ;o)

herold - 2006.10.16, 07:56

fragt sich nur: wie lange noch? ;)
sokrates2005 - 2006.10.16, 07:45

Eigentlich ...

ist es in Österreich ziemlich untypisch, mit amtlich Verstorbenen überhaupt zu kommunizieren. Von Rechts wegen hätte der angeblich doch nicht Verstorbene ignoriert werden müssen.

herold - 2006.10.16, 10:05

sag' noch einer, die bürokratie in österreich ist nicht flexibel.
sokrates2005 - 2006.10.16, 16:17

Das grenzt schon ...

an Amtsmissbrauch, mit einer ordentlich verstorbenen Person zu sprechen!
herold - 2006.10.16, 18:44

hier handelt es sich jedoch um einen schlamperten todesfall, der angeblich des öfteren vorkommt.
ConAlma - 2006.10.16, 07:58

Das war eine hinterhältige Attacke aus dem Reich der Living Dead, die die Sicherheitsargumente der Kartenbefürworter ad absurdum führen wollen.

gulogulo - 2006.10.16, 08:56

waren sie beim pathologen zur untersuchung?

herold - 2006.10.16, 09:58

beim pathologen sitzt man nicht, dort liegt man.
caliente_in_berlin - 2006.10.16, 10:33

Schlagfertige Antwort *g*
Perdi - 2006.10.16, 10:36

Nein,....

nicht wenn sie für die "Körperwelten" präpariert werden. ;o)
herold - 2006.10.16, 10:42

herolds körper wird verbrannt und richtung tantchen verstreut.
nahlinse - 2006.10.16, 08:58

Woher wußte die Karte, dass der Herr verstorben war? Ist auf dem Chip ein Olfakto-Sensor? ;-)

ConAlma - 2006.10.16, 09:05

smell and know :-))
derbaron - 2006.10.16, 09:08

So einen Olfakto-Sensor sollte man in öffentliche Verkehrsmittel einbauen. Sobald eine Person detektiert wird, die die morgendliche Dusche ausfallen hat lassen, bleiben die Türen solange geöffnet, bis die betreffende Person das Fahrzeug verlassen hat. :-)
nahlinse - 2006.10.16, 09:17

Man könnte auch einen Kick-Mechnismus in die Stiegen einbauen. Wenn der Olfakto-Sensor was wittert, wird die einsteigende Person gleich wieder mit Schwung aus dem Eingangsbereich entfernt.
Vorteil: im Wagen entsteht erst gar keine Geruchsbelästigung.
derbaron - 2006.10.16, 09:24

Nachteil: Produkthaftungsgesetz.
twoblog - 2006.10.16, 10:16

Krank.

Aber nicht der erste kranke Beitrag von Ihnen. Gute Besserung.

herold - 2006.10.16, 10:25

genau genommen ist es der 112. beitrag. zählen Sie aber nach.
twoblog - 2006.10.16, 15:58

Ich bin ja nicht krank.
Miaka - 2006.10.16, 10:52

sprechstundenhilfen müssen heutzutage aber wirklich auch schon alles können, wos seinerzeit gereicht hat, wenn man steno kann un nett aussieht, wird man heute erst gar nicht genommen, wenn man nicht verstorbene reanimieren kann. dieses anforderungen...

herold - 2006.10.16, 11:02

schön ist diese reanimateuse sicher nicht. vielleicht musste sie aber als ausgleich dafür andere qualitäten aufweisen.
Miaka - 2006.10.16, 11:10

wo man doch annimmt, dass besonderes heute alles nach dem äußeren geht. aber, ist doch gut zu wissen, dass - wenn sie mal im wartezimmer in ohnmacht fallen sollten, lieber herold - sie zwar beim aufschlagen der augen keine von twoday´s "belle donne" erblicken werden, aber dafür dank der wiederbelebungstechniken, die augen sicher aufschlagen werden! :-)
herold - 2006.10.16, 11:14

der tod durch die twoblog'schen tollkirschen wäre wahrscheinlich wirklich nicht mehr umkehrbar. ;)
sillerbetrachter - 2006.10.16, 13:00

der gläserne mensch nun auch schon auf chips frisch..

herold - 2006.10.16, 18:41

der gläserne mensch ist schon so gut wie wirklichkeit.
sillerbetrachter - 2006.10.16, 19:46

wenn der mensch gelernt hat, die technik zu bedienen, dann kommt auch keine leiche auf einen falschen chip mehr.
herold - 2006.10.17, 08:31

nö, erst wenn der mensch keinen fehler mehr macht, werden alle leichen den richtigen chips zugeordnet.
Bundesopa (Gast) - 2006.10.16, 13:28

Wurde Herr Herold denn wenigstens von der Dame bereits mit korrektem Dienstgrad angesprochen?

herold - 2006.10.16, 18:39

die sprechstundenhilfe hätte am liebsten einen salut abgegeben. ;)
steppenhund - 2006.10.16, 16:26

Wiederauferstehung

Wenn bei einer Versicherung jemand irrtümlich als gestorben eingetragen wurde, ist dieser Prozess nicht mehr rückgängig zu machen.
Es steht in keinem Pflichtenheft der Welt, dass man den Tod stornierbar zu modellieren und programmieren hat.
Da man das aber bei der Qualitätssicherung häufig durchtesten muss, haben die Testabteilungen dafür ein pfiffiges Programm mit dem bezeichnenden Namen: Osterhasenprogramm:)

Mir erscheint aber der erste Teil wesentlich interessanter: die Speicherung der Besuchshistorie. Es zeigt sich, dass da "keine Daten gespeichert" werden (laut Aussage), die Karte aber darüber Auskunft erteilt. Vielleicht macht das die e-card auf eigenes Betreiben. Vielleicht hat der darauf befindliche Chip bereits soviel künstliche Intelligenz entwickelt, dass er später direkten Kontakt mit anderen Karten im Portemonnaie aufnimmt.
Wenn man das besonders günstige Jahresabonnement auf der Pornoseite mit Kreditkarte bezahlen will, gibt es plötzlich einen Text auf dem Display: Ihre Kreditkarte hat von Ihrer e-card erfahren, dass Sie nur mehr eine Lebenserwartung von 3 Monaten haben. Da unsere Mitgliedschaft nicht übertragbar ist, raten wir Ihnen in Ihrem Fall zum kostengünstigeren Quartalsangebot. Das wäre doch Dienst am Kunden;)

derbaron - 2006.10.16, 16:31

Naja, also so viel ich weiß, wird die Besuchshistorie nicht auf der Karte gespeichert sondern bei der Krankenkassa. Die entsprechende Meldung wird dann am Bildschirm des Arztes angezeigt, sobald die Karte online gelesen wurde.

Sinn ist angeblich der, daß man verhindern möchte, daß Patienten Facharzt um Facharzt aufsuchen, wenn man mit der Behandlung nicht weiterkommt. Daher darf man nur einen Facharzt pro Quartal und Fachbereich aufsuchen.
gulogulo - 2006.10.16, 16:37

ein facharzt pro quartal ... ihr armen gkkler. ;-)
steppenhund - 2006.10.16, 16:52

@derbaron

Ja, das stimmt wohl so. Sonst kämen sie rechtlich in des Teufels Küche. Aber ich mag die Idee, dass sich diese kleinen Computer, die uns überall begleiten, irgendwann selbstständig machen und uns die lange Nase zeigen;)
herold - 2006.10.16, 18:41

baron, es handelte sich um einen praktischen arzt.
ConAlma - 2006.10.16, 18:50

fixe Chipse

Die Idee von der fröhlichen Chipskommunikation im Geldbörsel hat was!
herold - 2006.10.16, 19:11

unter diesem gesichtspunkt bekommt die redewendung "nur bares ist wahres" eine ganz neue bedeutung.
derbaron - 2006.10.16, 19:34

Herold, beim Praktiker isses dasselbe auf schweinchenrosa.
steppenhund - 2006.10.16, 16:54

Ich bin ja jetzt unheimlich enttäuscht. Herold hat auch eine e-Card mit der Nummer 001. Bis jetzt war ich stolz darauf und habe geglaubt, dass ich der erste Empfänger der e-Card war.
Bei mir steht nämlich auch 001!

herold - 2006.10.16, 18:42

warum sind Sie so sicher, dass es nicht Ihre e-card ist? ;)
steppenhund - 2006.10.16, 19:00

Weil auf meiner der Name dreizeilig aufgedruckt ist;)
anna25bell - 2006.10.21, 09:22

Ja, woher wusste die Karten denn das der Herr angeblich verstorben ist??? Das ist schon sehr merkwürdig. Auch das die Karte wusste bei welchem Arzt man vorher war !

Ricky Berger - 2006.10.23, 08:55

Der gläserne Mensch!

Ja, das wird früher oder später ein Problem...

herold - 2006.10.23, 09:04

bei manchen früher. ;)

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