menschen

Donnerstag, 20. April 2006

Schreber, schau oba!

Für viele Wiener ist der Frühling die schönste Jahreszeit - nicht weil alles blüht und grünt, sondern weil die Schrebergartenzeit wieder beginnt.

Da ein Schrebergarten vor den gestrengen Augen des jeweiligen Vereinsobmanns bestehen muss, werden jetzt penibel die letzten Laubblätter entfernt, die Gartenzaun-Hecke mit der Wasserwaage getrimmt und der Rasen mit dem Zentimetermaß gekürzt. Es beginnt ein nahezu olympischer Bewerb um den schönsten Garten, selbst wenn dieses Ziel nur mit dem Kunstgriff zu erreichen ist, dass der eigene Grün-Abfall über den Zaun hinweg zum gerade abwesenden Nachbarn entsorgt wird.

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zum Vergrößern anklicken


Damit Zwergen, Satellitenschüsseln und Blumenbeeten über Nacht kein Leid geschieht, sind die Wege der Gartenanlagen mit Toren versehen, welche von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang verschlossen sind. Auch das Vereinswesen erblüht wieder in vollem Umfang und die Anschlagtafeln quellen von Infoblättern über, auf denen neben Vereinsregeln strategisch ausgearbeitete Aktionen wie "Effektives Unkrautjäten", "Schutzmaßnahmen gegen Hundstrümmerln anlagenfremder Hunde" bis hin zu "Sicherheitstipps gegen Diebstahl von Schaufel und Krampen" Verbreitung finden.

Die Erfindung des Schrebergartens geht auf den Leipziger Arzt und Pädagogen, Moritz Gottlob Daniel Schreber (1808-1861), zurück. Leider ist Dr. Schreber nicht nur als Grünzeug-Pädagoge, sondern auch als Begründer der „schwarzen Pädagogik“ in die Annalen eingegangen.

Schwarze Pädagogik ist ein Erziehungsstil mit Fallen stellen, Lügen, Listanwendung, Verschleierung, Manipulierung, Ängstigung, Liebesentzug, Verhöhnung, Isolierung, Beschämung, Misstrauen, Demütigung, Verachtung und Gewaltanwendung.

Weil schwarze Pädagogik einerseits nicht zeitgemäß ist und andererseits nicht zum Liebreiz der Kleingartenidylle passt, regt Herold – in Analogie zu den Überlegungen betreffend die österreichische Bundeshymne – eine Umbenennung der Schrebergärten an. Zweckdienliche Vorschläge (wie zB "Grüne Bronchie") werden gerne entgegengenommen.

Donnerstag, 19. Januar 2006

insallah / allah akkbar

yazar1

Während seines letzten Urlaubs unterhielt sich Herold mit einem orientalischen Fremdenführer in dessen Heimatstadt. Yasar ist ein sympathischer 50er und hat nur kurz die Schule besucht, weil er früh die Verantwortung für seine jüngeren Geschwister übernehmen musste. Danach hat er sich mehrere Jahre lang der Pflege seiner Eltern gewidmet und weil im Morgenland jung geheiratet wird, hat er aus den oben geschilderten Gründen in seinen „besten Jahren“ die eigene Ehestandsgründung versäumt.

Nun klagt er, dass er keine Frau mehr findet, weil er für eine Ehe zu alt ist. Herolds Einwand, dass es ja auch geschiedene Frauen gäbe, entgegnete Yasar, es sei nicht leicht, sich im Orient scheiden zu lassen und berichtete:

Wenn eine Frau zur Polizei geht und erzählt, sie wird von ihrem Mann geschlagen, fragt der Gesetzeshüter: „Na und?“ und denkt sich: Ich schlage meine Frau doch auch.
Geht die Frau dann zum Richter und klagt, dass sie geschlagen wird, fragt auch dieser „na und?“ und denkt sich: Ich schlage meine Frau doch auch.
Jetzt kann sie noch dem Staatsanwalt mitteilen, dass sie geschlagen wird, doch auch er wird fragen: „Na und?“ und sich gleichzeitig denken: Ich schlage meine Frau doch auch.

Jedenfalls, sagt Yasar, ist es eine sehr langwierige und schwierige Angelegenheit, bis eine Frau geschieden ist. Und auch danach wird sie nicht glücklich sein, weil eine geschiedene Frau in seinem Land Freiwild für Männer ist und keinerlei Rückhalt mehr von ihrer Familie erwarten kann.

Der gläubige Moslem Yasar, ein Hilfsarbeiter mit Burgtheaterdeutsch, der seine Frau vielleicht wirklich nicht schlagen würde, wird daher wohl auch in Zukunft „alles alleine machen“ müssen.

Montag, 21. November 2005

Huhn Szechuan

Samstag Abend suchte Herold den Chinesen seines Vertrauens auf.
Da er dort gern gesehener Stammgast ist und seine Vorlieben um Speis und Trank zu später Stunde bekannt sind, wurde nach der Begrüßung die Frage des Wirtes "Wie immel, Hel Helold?" nickend quittiert.

Um die Story in ihrem Zusammenhang verständlich zu machen, möge der geneigte Leser kurz den markierten Eintrag auf der Speisekarte studieren:

china

Man genoss eben die Nr. 27 "Kantonesischer Reis gebraten", als weitere Gäste das Lokal betraten - dem äußeren Anschein ein einfaches Ehepaar aus einem der nahe gelegenen Bauten der Gemeinde Wien, offenbar zum Zweck des Lokalbesuchs "elegant" gekleidet.

Das Paar nahm unweit von Herold Platz, und der Wirt kam auch gleich, um die Bestellung entgegen zu nehmen.
Ohne die vorgelegte Speisekarte zu beachten, wollte der neue Gast wissen: "Haben Sie ein flambiertes Huhn?"
Die vermutliche Gattin zauberte ob der gewählten Ausdrucksweise des Gemahls ein stolzes Lächeln auf ihr Gesicht. Der Gute war aber nun nicht ganz sicher, ob auch der Wirt mit dieser Wortwahl zurecht kam und wiederholte sofort: "I maan, ob's a Hendl haum, des brennt?"
Der Wirt, der seine Speisekarte auswendig kennt, konterte sofort: "Nummel 55 - Huhn Szechuan schalf!"
Nun war es an dem Mann, verblüfft zu sein. Abweisend äußerte er distanzlos: "Naa, net im Mund brennt, waaßt eeh, i maan a Hendl, des in Flaumman aufgeht - brennt! - vaschtest?"
Der Wirt wiederholte geduldig lächelnd: "Nummel 55 - Huhn Szechuan schalf"

Mit der Gewissheit, dass der Wirt seinen exklusiven Essenswunsch nicht verstanden hatte, bestellte der verhinderte Feinspitz schließlich verärgert:
"Zwamoi Schätze des Hauses, oba net schoaf"!

Freitag, 21. Oktober 2005

Sozialdienst

Es ist früher Abend, Herold wartet auf das Geburtstagskind. Als es endlich klingelt, transponiert er stimmlich „Happy Birthday“ in His-Dur, während er imaginär die Klappen seines Saxophons drückt und die Tür aufreißt.

Draußen steht eine fremde, ängstlich wirkende Frau. Sie stellt sich mit starkem slawischem Akzent als Heimhilfe von Frau B., der alten Dame im darüberliegenden Stock, vor und ersucht um Nachsicht für die Störung.

Herold grinst verlegen und entschuldigend. Die fremde Frau sagt, Herold sei der einzige in dieser Luxus-Eigentumswohnanlage, der auf ihr Läuten geöffnet habe, sie fürchte, Frau B. sei etwas passiert. Sie drängt Herold, sie in Frau B.‘s Wohnung zu begleiten und erzählt auf dem Weg dorthin, die Tür sei heute zum erstenmal abgeschlossen gewesen, was sie bereits sehr irritiert hätte. Sie habe aufgesperrt und – Herold ist in der Zwischenzeit in Frau B.‘s Wohnung angelangt, deren Haustür weit offensteht – Frau B. nicht im Bett vorgefunden.

Stattdessen, die fremde Frau geht mit Herold in Frau B.‘s Schlafzimmer, befinde sich neben Frau B.‘s Bett ein merkwürdiger Gegenstand.
In der Tat. Neben dem Bett liegt etwas wie eine Teppichrolle, jedoch in Bettdecken-Form. Die fremde Frau geht zaghaft in Richtung Bettdeckenrolle und fragt Herold, indem sie auf das offene Ende der Rolle zeigt:
„Ist das nicht ein Fuß?“
Herold fixiert das Rollenende und stimmt zu: Was aus der Bettdeckenrolle hervorlugt, ist eindeutig ein nackter Fuß.
Durch Herolds Bestätigung fühlt sich die fremde Frau wieder sicherer, nähert sich der Rolle zwei Schritte und ruft laut:
„Frau B.!! Hören Sie mich?“
Keine Antwort aus der Rolle.

Herold überlegt kurz alle möglichen Szenarien:
  • Frau B. ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen;
  • Frau B. schläft;
  • Frau B. ist aus dem Bett gestürzt und nicht bei Bewusstsein;
  • Frau B. simuliert, um Aufmerksamkeit zu erregen und Zuwendung zu erlangen.
Schließlich drängt Herold die fremde Frau zu mehreren Telefonaten. Nach Rücksprache mit einer für sie zuständigen Stelle erfährt sie, dass das Ableben Frau B.‘s schon seit Stunden bekannt war, es jedoch verabsäumt wurde, sie darüber zu informieren.

Herold geht wieder in seine Wohnung und wartet weiter auf das Geburtstagskind. Eine Stunde später ist Frau B.‘s Tür immerhin mit einer amtlichen Nachricht versehen, während Frau B. wohl noch in der Wohnung, aber nicht mehr unter uns weilt.

b1

Samstag, 1. Oktober 2005

Eltern

Sie ist seit längerer Zeit großjährig und seit kurzem bis über beide Ohren verliebt.
„Den kann ich daheim wieder nicht vorstellen“, hat sie am Anfang der Beziehung kichernd zu ihrer Freundin gesagt.

Inzwischen wissen alle, dass sie seit zwei Monaten bei ihm wohnt. Bis auf ihre Eltern.

Am liebsten wäre ihr, ihre Mutter hätte ihn unabhängig von ihr kennengelernt, aber dieses Wochenende muss es sein:

Sie erzählt wie glücklich sie ist, wie lustig, herzlich, offen und unkompliziert der neue Mann in ihrem Leben ist und bemerkt, wie sich ihre eigene Begeisterung auf ihre Mutter überträgt, die immer wieder nachfragt und sehr interessiert ist.

„Wie heißt er denn?“, fragt die Mutter.
„Karim.“
„Karin?“
„Nein, KARIM.“
„Was ist das für ein Name?“, fragt die Mutter.
„Ein arabischer.“
Weil sich die Mutter dazu nicht weiter äußert, zieht die Tochter ein Foto aus der Tasche.
„Warum ist das Foto so dunkel?“, fragt die Mutter.
„Das Foto ist nicht dunkel“, antwortet die Tochter.
„ER ist dunkel.“

Die Mutter sitzt da und lässt diese Mitteilung auf sich einwirken. Das Interesse ist erloschen, keine weiteren Fragen.
„Lass dir halt Zeit und zieh vor allem nicht zu schnell mit ihm zusammen“, lautet die abschließende Empfehlung.


Merke:
Kinder könnten ihre Eltern viel mehr lieben, wenn diese (nämlich die Eltern) sich ab einem gewissen Zeitpunkt aus dem Leben ihrer Kinder zurückzögen und sich ungebetener Ratschläge enthielten.

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was ist mit vollen container...
wollte nur fragen ob der Container voll wäre von müllsäcken...
Haruhi suzumiya - 2016.10.11, 20:03
I am the new girl
This is very interesting, You are a very skilled blogger....
women for sex (Gast) - 2015.11.18, 05:04
Der
Container würde dann wie das Leben geliefert: voller...
pathologe - 2015.09.09, 07:44
voller Müllcontainer?...
Hi. Ich möchte wissen was es mit dem satz auf sich...
Haruhi suzumiya - 2015.09.08, 17:21
Müllcontainer
Wollte fragen wie das mit dem vollen container gemeint...
Haruhi suzumiya - 2015.06.04, 15:24

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